Der Zusammenbruch der deutschen Demokratie ist – erwartungsgemäß – ausgeblieben.
Allmählich lassen die journalistischen Überreaktionen im Zusammenhang mit dem Gespräch zwischen Elon Musk und Alice Weidel nach. In nahezu allen Medien – sogar ARD und ZDF widmeten diesem Gespräch mehrere Minuten lange Beiträge, ergänzt durch Analysen von Medienwissenschaftlern über alle Ausspielwege hinweg – wurden jedoch apokalyptische Szenarien für Demokratie und Meinungsfreiheit beschworen.
Journalistinnen und Journalisten tragen eine „Wächterfunktion“, die eine sorgfältige und objektive Recherche zur Überprüfung der Fakten umfasst. Es erscheint daher widersprüchlich, wenn beispielsweise ARD und ZDF im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags das Instrument des Faktenchecks besonders betonen. Ihre Aufgabe ist es nicht, die Meinungsbildung durch Wertungen von Informationen zu beeinträchtigen, sondern eine möglichst umfassende Vielfalt an Perspektiven zugänglich zu machen.
Das Gespräch zwischen Musk und Weidel verdient dennoch eine Danksagung – und zwar dafür, dass es derart langweilig, unprofessionell, inhaltlich wirr und oberflächlich war. Es entzauberte jegliche Illusion von Kompetenz oder den Glauben, ein erfolgreicher Unternehmer wie Musk sei politisch allwissend. Statt fundierter Argumente boten beide Gesprächspartner lediglich Parolen, ohne erkennbaren Ansatz für gesellschafts- oder wirtschaftspolitische Lösungen.
Weidel beendete das Gespräch schließlich nach Musks spekulativen Ausführungen über Marsmissionen, da offensichtlich nichts Substanzielles mehr zu sagen war. Die Zuschauerzahl sank während des Gesprächs von etwa 200.000 auf 110.000. Zu Beginn sahen sich diese Zuschauer einem stotternden und nach Worten ringenden Elon Musk gegenüber – eineWahrnehmung, der kaum Vertrauen in seine politische Kompetenz weckte.
In diesem Sinne war das Gespräch ein demokratisch wertvoller Beitrag zur Meinungsbildung. Wer mag nach dieser Vorführung Musk oder Weidel noch ernsthaft politische oder gesellschaftliche Kompetenz zuschreiben? Elon Musk hat sich und Alice Weidel in einer Weise bloßgestellt, wie es deutschen Journalistinnen und Journalisten längst hätte gelingen sollen: durch eine sachliche und konsequente Auseinandersetzung, die politische Alternativen einfordert und dokumentiert, dass die AfD keine tragfähigen Lösungen für die Herausforderungen in Deutschland anzubieten hat, sondern sich primär auf geschicktes politisches Marketing verlässt.
Wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger sind keineswegs unkritisch; sie verfügen über ein feines Gespür für politische Lügen, Inszenierungen und echte Kompetenz. Die Vermutung, das Gespräch auf X zwischen Musk und Weidel könnte als verdeckte Wahlkampfspende gelten, erscheint indes absurd. Ein solcher Vorwurf würde bedeuten, dass künftig keine Politiker mehr exklusive Auftritte in Medien wahrnehmen dürften. Auch so manche Talkshow müsste sich dann der Verletzung des Neutralitätsgebots im Wahlkampf stellen.
Es ist an der Zeit, dass die Medien dem Wahlvolk als souveräne Instanz in der Demokratie begegnen. Faktenchecks sind keine gesonderte journalistische Aufgabe, sondern die Basis tatsachenorientierter Recherche. Dabei obliegt es Journalistinnen und Journalisten, eine sorgfältige Gewichtung der Informationen vorzunehmen, da nicht alle Inhalte veröffentlicht werden können.
Auch in diesem Zusammenhang ist eine Neuausrichtung notwendig, um den Prozess der Meinungsbildung in der Demokratie zu schützen. Ein Beispiel aus der aktuellen Debatte: Sind Fragen wie die nach feministischer Außenpolitik und das Händeschütteln in Syrien wirklich die zentralen Themen unserer Zeit? Wer die eindrucksvolle WDR-Reportage „Das gefährliche Erbe des IS: Besuch in der Krisenregion Nordsyrien“ gesehen hat, wird wohl zu anderen Schlüssen kommen.