Beispiel 2: NDR – Cannabis-Legalisierung: Clubs beklagen Hürden auf dem Weg zum Anbau vom 21.1.2025
Irreführung durch Tatsachen- und Meinungsvermischung kann absichtlich erfolgen (Desinformation) oder unbeabsichtigt durch Nachlässigkeit, kognitive Verzerrung oder Missverständnisse entstehen. Es führt oft zu Fehlinformationen, die die Wahrnehmung oder Entscheidung einer Zielgruppe manipulieren oder verfälschen können.
In keinem Fall korrespondiert es mit der öffentlichen Aufgabe von Medien.
Die öffentliche Aufgabe von Journalisten besteht darin, die Gesellschaft durch präzise und fundierte Berichterstattung zu informieren. Art. 5 GG verleiht ihnen die Freiheit, dies ohne äußeren Druck zu tun, und verpflichtet sie zugleich zur verantwortungsvollen Ausübung ihres Berufs. Faktenprüfung ist dabei kein separater Prozess, sondern Kernbestandteil journalistischer Arbeit. Nur durch eine konsequente Wahrung dieser Standards können Journalisten ihrer demokratischen Verantwortung gerecht werden und einen unverzichtbaren Beitrag zur Meinungsbildung und Stabilität unserer Gesellschaft leisten.
Der NDR veröffentlicht im genannten Beitrag folgenden Text:
Gutachten: Illegaler Markt kann zurückgedrängt werden
Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein erklärte Pauls: „Die Freigabe von Cannabis bietet die Möglichkeit, eine regulierte Abgabe zu schaffen, die den Schwarzmarkt eindämmt und die Konsumenten und Konsumentinnen schützt.“ Ein externes Gutachten des Bundesgesundheitsministeriums sowie eine Auswertung durch das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung würden bestätigen, dass der illegale Markt zurückgedrängt werden könne. In welchem Ausmaß dies jedoch für Deutschland zutreffe, bleibe schwer abzusehen.
Eine Auseinandersetzung mit dieser Aussage z.B. durch einen recherchierenden Blick in das zitierte Gutachten unterbleibt.
Was bleibt, ist insbesondere die Überschrift: Der illegale Markt kann zurückgedrängt werden.
Dies ist nach Recherchen des MDR und des zitierten Gutachtens so falsch und vermittelt den Eindruck, man habe den Handel mit Cannabis im Griff. Allein die nachfolgenden Zahlen des MDR belegen, daß mit legalem Cannabis die Nachfrage auf dem Markt nicht gedeckt werden kann. Der zulässige Konsum und Besitz von Cannabis kann auf lange Sicht nur durch den Schwarzmarkt gedeckt werden.
Dies bestätigt auch die zitierte Studie aus Hamburg, die darüberhinaus noch die Zunahme des Cannabis-Konsums von Kindern und Jugendlichen problematisiert.
Die Studie, die im NDR-Beitrag vom Januar 2025 ein Argument für die Legalisierung von Cannabis wegen der Zurückdrängung des illegalen Marktes spielt, wurde im April 2023 erstellt, und es ging – wie man der Zusammenfassung entnehmen kann – um die Auswirkungen der Legalisierung auf den Cannabiskonsum selbst.
Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis für den Freizeitkonsum in Kanada, den USA und Uruguay. In den genannten Ländern haben der Cannabiskonsum und die damit verbundenen Probleme bereits vor der Legalisierung zugenommen, und dieser Trend hat sich nach der Legalisierung fortgesetzt. Der gleiche Langzeittrend – d. h. eine zunehmende Prävalenz des Cannabiskonsums und der damit verbundenen Probleme – ist auch in Deutschland zu beobachten, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine mögliche Legalisierung diesen Trend umkehren wird.
Dazu der MDR im November 2024 unter: Trotz Legalisierung Cannabis-Schwarzmarkt blüht erstmal weiter:
Anbauvereine können „Bedarf“ nicht decken
Mit dem seit Juli möglichen legalen Anbau in privaten Vereinen wird es wohl nur teilweise gelingen, den Schwarzmarkt zu verkleinern. Und es kann dauern. Keine 400 Anträge sind seit Juli bundesweit gestellt und kaum 40 genehmigt, die meisten in Niedersachsen. Dort gab es Mitte Oktober 15 Genehmigungen, weitere in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, in den meisten anderen Bundesländern aber noch gar keine.
Doch selbst wenn rund 400 Vereine, die Anträge gestellt haben, für die maximal zulässige Zahl von je 500 Mitgliedern laufend produzieren würden, für insgesamt also rund 200.000 Menschen, wären so gerade mal vier Prozent der potenziellen Konsumenten bundesweit legal „versorgt“.
Aus der Studie S. 81:
Es ist darauf hinzuweisen, dass Wettbewerb an sich den illegalen Markt nicht beseitigen wird. Eine attraktivere – und damit wettbewerbsfähigere – Ausgestaltung des legalen Marktes kann zwar einigen Konsumierenden den Umstieg auf legale Bezugsquellen erleichtern, sie beinhaltet jedoch auch das Risiko, dass Nichtkonsumierende zum Erstkonsum verleitet werden – was mit potenziellen Einbußen beim Gesundheitsschutz verbunden wäre (siehe auch die Antworten auf die Fragen 1, 2 und 4). Folglich kann das Ziel einer Austrocknung des Schwarzmarktes nicht dadurch erreicht werden, dass lediglich eine attraktive (d. h. billige), bequeme und beworbene legale Alternative geschaffen wird. Dies wäre mit den Zielen des Gesundheitsschutzes unvereinbar. Bis zu einem gewissen Grad wird die Eindämmung der Schwarzmarktaktivitäten Strafverfolgungsmaßnahmen erfordern.
Für Kinder und Jugendliche stellt die Studie ab S. 79 f. fest:
Jugendliche bis maximal 17 Jahre in Kanada, den USA und Uruguay berichten übereinstimmend, dass die Legalisierung ihnen den Zugang zu Cannabis erleichtert hat. Allerdings ist in diesen Ländern kein einheitlicher Zuwachs des Cannabiskonsums zu verzeichnen. Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich der Zugang zu Cannabis für konsuminteressierte Jugendliche kaum verändert hat. Studien mit Beobachtungszeiträumen von mehr als zwei Jahren und einer solideren Methodik zeigen allerdings, dass die Legalisierung von Cannabis in den US-Bundesstaaten zu einem erhöhten Konsum unter Jugendlichen geführt hat. Diese Beobachtung wird gedeckt durch Studien, die belegen, dass der Einstieg in den Cannabiskonsum nach der Legalisierung von Cannabis zugenommen hat. Da die Entwicklung des legalen Marktes für Cannabis noch nicht abgeschlossen ist und da sich Cannabiskonsum unter Erwachsenen in Zukunft weiter normalisieren wird, besteht die Möglichkeit, dass Jugendliche, die in Ländern mit einem legalen Cannabismarkt leben, in Zukunft eher zum Cannabiskonsum neigen.
Bei Kindern im Alter von 0-9 Jahren wurde in Rechtsräumen, in denen Cannabis-edibles legal verkauft werden, ein unmittelbarer und deutlicher Anstieg der (unbeabsichtigten) Intoxikationen beobachtet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die absolute Zahl der Cannabisintoxikationen bei Kindern 80
weiterhin gering bleibt, dass im Normalfall keine stationäre Aufnahme erforderlich ist und dass es keine gesundheitlichen Langzeitfolgen gibt.