Januar 27, 2025

Irreführung durch Tatsachen – und Meinungsvermischung

Beispiel 3: FAZ – Auslandsrundfunk als Zeitung : Deutsche Welle lässt in Kanada E-Paper produzieren

26.1.2025


Irreführung durch Tatsachen- und Meinungsvermischung kann absichtlich erfolgen (Desinformation) oder unbeabsichtigt durch Nachlässigkeit, kognitive Verzerrung oder Missverständnisse entstehen. Es führt oft zu Fehlinformationen, die die Wahrnehmung oder Entscheidung einer Zielgruppe manipulieren oder verfälschen können.

In keinem Fall korrespondiert es mit der öffentlichen Aufgabe von Medien.

Die öffentliche Aufgabe von Journalisten besteht darin, die Gesellschaft durch präzise und fundierte Berichterstattung zu informieren. Art. 5 GG verleiht ihnen die Freiheit, dies ohne äußeren Druck zu tun, und verpflichtet sie zugleich zur verantwortungsvollen Ausübung ihres Berufs. Faktenprüfung ist dabei kein separater Prozess, sondern Kernbestandteil journalistischer Arbeit. Nur durch eine konsequente Wahrung dieser Standards können Journalisten ihrer demokratischen Verantwortung gerecht werden und einen unverzichtbaren Beitrag zur Meinungsbildung und Stabilität unserer Gesellschaft leisten.

 

Die FAZ veröffentlicht im genannten Beitrag folgenden Text:

Mit Blick auf ein E-Paper-Angebot mit Inhalten der Deutschen Welle (DW) hat der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) seine Kritik an presseähnlichen Produkten öffentlich-rechtlicher Sender bekräftigt. „Eine staatliche oder öffentlich-rechtliche Parallelpresse ist weder mit dem geltenden Recht noch mit den Grundlagen der Rundfunk- und Pressefreiheit vereinbar“, teilte der BDZV mit. Solche Angebote stellten „einen Eingriff in einen bislang noch funktionierenden Markt“ dar.

Der Verband reagierte damit auf eine Anfrage des Evangelischen Pressedienstes zu dem E-Paper, das über den kanadischen Onlinekiosk Press Reader abrufbar ist. Man sei im Fall des E-Papers „noch zu keiner rechtlich und strategisch abschließenden Bewertung gekommen“, so der BDZV.

……………………………..

Seit Jahren werfen die Zeitungsverlage ARD und ZDF vor, textlastige Webangebote zu betreiben, was nicht dem Medienstaatsvertrag entspreche. Diese Vorwürfe weisen die Sender zurück. Im Mai 2024 reichte der BDZV bei der EU-Kommission eine Beihilfebeschwerde ein. Mit dem Reformstaatsvertrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, auf den sich die Bundesländer im Herbst 2024 einigten, soll das Verbot der Presseähnlichkeit, das für ARD und ZDF im Netz bereits gilt, konsequenter angewendet werden.

 

Der Artikel erzeugt durch die Vermischung von Tatsachen und Meinungen ein verzerrtes Bild. Die DW ist kein „staatlicher“ Rundfunk im klassischen Sinne und auch keine öffentlich-rechtliche Anstalt nach deutschem Medienstaatsvertrag. Ihre spezifische Rolle als steuerfinanzierte Auslandsrundfunkanstalt wird unzureichend berücksichtigt. Eine präzisere journalistische Einordnung und differenziertere Darstellung wären notwendig, um eine irreführende öffentliche Debatte zu vermeiden.

Rechtliche Einordnung und Differenzierung

  1. Finanzierung und Status der Deutschen Welle
    Die Deutsche Welle ist eine steuerfinanzierte Auslandsrundfunkanstalt, deren Finanzierung und Aufgaben durch das Deutsche-Welle-Gesetz geregelt sind​​. Diese direkte Steuerfinanzierung unterscheidet sie grundlegend von ARD und ZDF, die im Rahmen eines beitragsfinanzierten Systems arbeiten, welches an die Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 GG gekoppelt ist​​. Die Gleichsetzung der DW mit beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern ist daher irreführend.

  2. Funktionsauftrag und Marktposition
    Der Funktionsauftrag der DW liegt in der internationalen Berichterstattung und der Förderung eines positiven Deutschlandbildes​​. Dagegen verfolgen ARD und ZDF mit ihrem Grundversorgungsauftrag eine Binnenwirkung auf den deutschen Medienmarkt​. Die Darstellung im Artikel verschleiert diese Unterschiede, was den Eindruck erweckt, die DW stünde in Konkurrenz zu privaten Zeitungsverlagen.

Kritik an der Tatsachen- und Meinungsverzerrung

  • Irreführung durch pauschale Aussagen
    Die Aussage, die DW betreibe eine „staatliche Parallelpresse“, ist irreführend. Der Begriff „staatlich“ suggeriert unmittelbare staatliche Einflussnahme, was bei der DW aufgrund ihres spezifischen gesetzlichen Auftrags nicht zutrifft​. Die Formulierung steht im Widerspruch zur differenzierten Betrachtung der Medienordnung.

  • Unklare Abgrenzung der Marktbeeinflussung
    Die Kritik des BDZV an der „presseähnlichen“ Tätigkeit der DW blendet aus, dass deren Inhalte primär für ein internationales Publikum bestimmt sind und nicht unmittelbar auf den deutschen Zeitungsmarkt abzielen​. Eine präzise Differenzierung zwischen Binnen- und Auslandsmärkten fehlt.

Grundrechtliche und medienpolitische Perspektive

  1. Rundfunk- und Pressefreiheit
    Art. 5 GG gewährleistet sowohl die Rundfunk- als auch die Pressefreiheit. Die DW als steuerfinanzierte Institution unterliegt einem anderen verfassungsrechtlichen Kontext als beitragsfinanzierte Rundfunkanstalten. Ihre redaktionelle Unabhängigkeit und die internationale Ausrichtung sind Kernelemente ihres Funktionsauftrags​​.

  2. EU-rechtlicher Kontext
    Die DW fällt nicht unter die Regularien des Medienstaatsvertrags, sondern agiert im Rahmen spezifischer gesetzlicher Vorgaben. Eine pauschale Gleichstellung mit öffentlich-rechtlichen Anstalten wie ARD und ZDF im Artikel verstößt gegen die differenzierte Betrachtung, die das Bundesverfassungsgericht und EU-Recht einfordern​​.


Gesetz über die Rundfunkanstalt des Bundesrechts „Deutsche Welle“ (Deutsche-Welle-Gesetz – DWG)
§ 45 Einnahmen

(1) Die Deutsche Welle finanziert sich aus dem jährlichen Zuschuss sowie Zuwendungen des Bundes und sonstigen Einnahmen.
(2) Die Höhe des Zuschusses des Bundes bestimmt sich nach dem Haushaltsgesetz des Bundes.
(3) Die Aufgabenplanung der Deutschen Welle (§§ 4a, 4b) wird durch den vierjährigen Planungszeitraum, die mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung und die Entscheidungen des Haushaltsgesetzgebers sichergestellt.

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