April 24, 2024

Kein staatliches Geld mehr für politische Parteien

Ein Ausweg aus Lobbyismus, Abhängigkeiten und persönlicher Machtpolitik?

Was haben Kirchen und Parteien in Deutschland gemeinsam?

Sie bekommen staatlich veranlasste Mittel und müssen sich um ihre Gläubigen oder  Mitglieder nicht kümmern, um zu existieren.

Dies klingt erst einmal überzogen, aber es lohnt sich, diese These für das Thema Parteien einmal näher zu untersuchen, denn sie sind gemäß Art. 21 GG für unsere Demokratie entscheidend.

I.                 Ausgangslage

Art. 21 Grundgesetz

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

Soweit das Grundgesetz und die Vorgabe für die Funktion der Parteien zur Sicherung der demokratischen Willensbildung in der Gesellschaft. Parteien sollen entscheidend durch eigene Positionen dazu beitragen, daß Bürger sich eine politische Meinung bilden können, daß Bürger über gesellschaftliche Entwicklungen informiert sind, und daß mit Bürgern zur Findung von Positionen und Lösung im Sinne einer Suche nach dem besten Weg für die Gesellschaft und den Einzelnen diskutiert und inhaltlich abgewogen wird.

Dabei sollen Parteien vielfältige und unterschiedliche Positionen anbieten, damit eine Wahl zwischen den besten Ideen, Visionen und politischen Zielen stattfinden kann.

Die inhaltliche Suche nach den besten Möglichkeiten und Wegen für eine Gesellschaft, den Einzelnen und den Erhalt der Freiheit, verträgt sich jedoch nicht mit Motiven, die durch persönliche Vorteile oder Macht handelnder Personen bestimmt ist.

Parteien dienen der Willensbildung des Volkes, dazu dürfen sie nicht Personen, Verbänden, Unternehmen oder dem Staat dankbar sein müssen. Im Gegenteil, sie benötigen eine innere Unabhängigkeit, die die rein sachlichen Bildung politische Positionen so gut wie möglich gewährleistet. Finanzielle Dankbarkeit oder Abhängigkeit – von wem auch immer – wäre völlig kontraproduktiv und würde dem verfassungsrechtlichen Auftrag nicht genügen.

II.               Grundlagen, rechtliche und finanzielle Lage der Parteien

Tagesschau.de: Ein Drittel der Parteieinnahmen sind Zuschüsse.

Die Zuschüsse vom Staat machen etwa ein Drittel der Einnahmen der Parteien aus. Deren Höhe richtet sich nach den Stimmenanteilen der jeweiligen Partei bei Wahlen, den Mitgliedsbeiträgen und Mandatserträgen sowie nach Spenden.

Im Jahr 2018 machten die Mitgliedsbeiträge der Parteien nur einen Anteil von 26,7% der Einnahmen der Parteien mit sinkender Tendenz aus.

Der Grund: Ein kontinuierlicher Rückgang bei den Mitgliederzahlen und Überalterung. Eine  Ausnahme sind gegenwärtig die Grünen, insbesondere im Wahljahr 2021.

Aber:

Trotz der Mitgliederverluste steigen die Einnahmen der Parteien dank staatlicher Teilfinanzierung kontinuierlich an, weil

  • die staatliche Finanzierung an Wahlergebnisse und nicht Mitgliederzahlen gebunden ist,
  • § 18 Abs.2 PartG eine Indexierung der staatlichen Zuschüsse vorsieht: „Die absolute Obergrenze erhöht sich jährlich um den Prozentsatz, abgerundet auf ein Zehntel Prozent, um den sich der Preisindex der für eine Partei typischen Ausgaben im dem Anspruchsjahr vorangegangenen Jahr erhöht hat“,
  • weil „Parteisteuern“ erhoben werden: „Hierbei ist es gängige Praxis, dass Mandatsträger über ihre normalen Mitgliedsbeiträge hinaus Sonderbeiträge an ihre Partei entrichten. Zwar geschieht dies offiziell auf freiwilliger Basis, doch faktisch sind sie dazu gezwungen, wollen die Parteizöglinge ihre Wiederaufstellung bei den nächsten Wahlen nicht gefährden.

Die Steuerzahler gleich dreimal geschröpft: Erstens werden die Politiker aus Steuermitteln finanziert. Zweitens können sie ihre Sonderzahlungen steuerlich als Spende absetzen und zum Dritten wird diese Einnahme der Partei vom Staat zusätzlich prämiert. Damit sind die Parteisteuern als nichts anderes zu betrachten als eine verschleierte Form der staatlichen Parteienfinanzierung“, aus Bund der Steuerzahler.

„Aufgrund der Berechnung der direkten staatlichen Zuschüsse kommt es nicht selten vor, dass Parteien für ihre eingeheimsten Spenden und Mitgliedsbeiträge mehr Staatsgeld erhalten als für ihre erhaltenen Wählerstimmen“, aus Bund der Steuerzahler.

Vor dem Hintergrund der überspitzten Feststellung, dass man theoretisch auch mit der Mindestmitgliederzahl von 7 Personen als Partei ein hohe staatliche Teilfinanzierung erhalten kann, wenn nur das Wahlergebnisse und die sonstigen Eigeneinnahmen stimmen, kann man die Äußerungen von Peter Altmaier einordnen:

Aus dem Gastkommentar von Konrad Adam zu Friedrich Merz – NZZ am 19.1.2022

Die Lage in den Parteien im Jahr 2021 beschreibt ein Artikel des RND (Redaktionsnetzwerk Deutschland) wie folgt:

Mitgliederschwund: CDU mit 15.000 Parteiaustritten 2021 – Grüne wohl mit enormen Zuwachs

Weder in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1962 – BVerfGE 20, 56, noch in der Entscheidung von 1992 – BVerfGE 85, 264, kann diese Mitgliederentwicklung und diese Art der Mitgliederbehandlung bei den Parteien gemeint sein.

Wie sollen Parteien bei der Willensbildung im Volk mitwirken, wenn sie keine Mitglieder für den demokratischen Diskurs hat oder entsprechend einbindet? Es sind die Mitglieder, die mit verschiedenen Formen der politischen Diskussion und Ansprache in die Gesellschaft hineinwirken, informieren und Meinungsbildung anregen.

Diese unmittelbare und direkte Ansprache der Bürger durch Parteimitglieder auf unterschiedlichsten Kommunikationswegen, kann auch nicht durch Medien und ihre Berichterstattung ersetzt werden. Medien haben eine ergänzende und vielfaltssichernde Funktion für die politische Meinungsbildung in der Gesellschaft, ersetzen aber nicht den Meinungsbildungsprozeß durch politische Diskussionen in und um Parteien herum. Dabei werden die Diskussionen von Mitgliedern zu führen sein, die in Parteien verankert sind.

Welche Wechselwirkungen verschiedenen Formen der Finanzierung der Parteien für ihre Funktion in der Demokratie und ihre inhaltliche Ausrichtung und Arbeit haben kann und haben darf, hat das Bundesverfassungsgericht in 2 Entscheidungen zur Parteienfinanzierung dargelegt.

A.              Bundesverfassungsgericht 1962 zur Rolle der Parteien

„Der Grundgesetzgeber hat sich, indem er die freiheitliche demokratische Grundordnung geschaffen hat, für einen freien und offenen Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes entschieden.

Mit dieser Entscheidung ist eine Finanzierung der gesamten politischen Tätigkeit der Parteien von Staats wegen nicht zu vereinbaren.

Das durch Art. 5 GG gewährleistete Recht der freien Meinungsäußerung, Presse-, Rundfunk-, Fernseh- und Filmfreiheit sind für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend. Art. 5 GG garantiert auch die freie Bildung der öffentlichen Meinung. Aus dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung ergibt sich ein grundsätzliches Recht der freien politischen Betätigung. Meinungsfreiheit, Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Petitionsrecht sichern die Freiheit der Meinungs- und Willensbildung des Volkes. Art. 21, 38 und 28 GG schützen zusätzlich die freie Willensbildung des Volkes. Die in der öffentlichen Meinung zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen, politischen Auffassungen und Stellungnahmen sind als „Vorformung der politischen Willensbildung des Volkes“ gekennzeichnet worden. In einem demokratischen Staatswesen muß sich insbesondere die Willensbildung des Volkes frei, offen und unreglementiert vollziehen. Der permanente Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes mündet ein in den für die Willensbildung im Staat entscheidenden Akt der Parlamentswahl.

Willensbildung des Volkes und Bildung des staatlichen Willens durch seine verfaßten Organe müssen unterschieden werden.

Von dieser Unterscheidung geht das Grundgesetz aus. Es handelt in Art. 21 Abs. 1 GG von der Willensbildung des Volkes, in Art. 20 Abs. 2 GG von der Bildung des Staatswillens. Nur dann, wenn das Volk als Verfassungs- oder Kreationsorgan durch Wahlen und Abstimmungen selbst die Staatsgewalt ausübt (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), fällt die Äußerung des Volkswillens mit der Bildung des Staatswillens zusammen.

Das Volk bringt jedoch seinen politischen Willen nicht nur durch Wahlen und Abstimmungen zum Ausdruck. Das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur in der Stimmabgabe bei Wahlen, sondern auch in der Einflußnahme auf den ständigen Prozeß der politischen Meinungsbildung, der Bildung der „öffentlichen Meinung“. Die öffentliche Meinung, deren Entstehung hier nicht näher zu charakterisieren ist, beeinflußt die Entschlüsse der Staatsorgane. Weiterhin versuchen Gruppen, Verbände und gesellschaftliche Gebilde verschiedener Art auf die Maßnahmen der Regierung und die Beschlüsse der gesetzgebenden Körperschaften im Interesse ihrer Mitglieder einzuwirken.

Vor allem aber sind es die politischen Parteien, die zwischen den Wahlen im Sinn der von ihnen mitgeformten Meinung des Volkes die Entscheidungen der Verfassungsorgane, insbesondere die Beschlüsse der Parlamente, beeinflussen; sie wirken auch auf die Bildung des Staatswillens ein. Über die Parteien, deren innere Ordnung demokratischen Grundsätzen entsprechen muß, nimmt das Volk auch zwischen den Wahlen Einfluß auf die Entscheidungen der Verfassungsorgane. Zwischen den Faktoren und Medien des komplexen Prozesses der Meinungs- und Willensbildung wirken mannigfache Beziehungen, Abhängigkeiten und Einflußnahmen.

Willensbildung des Volkes und staatliche Willensbildung sind auf vielfältige Weise miteinander verschränkt. In einer Demokratie muß sich diese Willensbildung aber vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen. Die Staatsorgane werden durch den Prozeß der politischen Willensbildung des Volkes, der in die Wahlen einmündet, erst hervorgebracht (Art. 20 Abs. 2 GG). Das bedeutet, daß es den Staatsorganen grundsätzlich verwehrt ist, sich in bezug auf den Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes zu betätigen, daß dieser Prozeß also grundsätzlich „staatsfrei“ bleiben muß. Einwirkungen der gesetzgebenden Körperschaften und von Regierung und Verwaltung auf diesen Prozeß sind nur dann mit dem demokratischen Grundsatz der freien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen vereinbar, wenn sie durch einen besonderen, sie verfassungsrechtlich legitimierenden Grund gerechtfertigt werden können.

Die politischen Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes vornehmlich durch ihre Beteiligung an den Wahlen mit, die ohne die Parteien nicht durchgeführt werden könnten. Sie sind darüber hinaus Zwischenglieder zwischen den Einzelnen und dem Staat, Instrumente, durch die der Bürgerwille auch zwischen den Wahlen verwirklicht werden kann, „Sprachrohr“ des Volkes. Sie stellen, sofern sie die Regierung stützen, die Verbindung zwischen Volk und politischer Führung her und erhalten sie aufrecht. Als Parteien der Minderheit bilden sie die politische Opposition und machen sie wirksam. Sie sind als Mittler beteiligt am Prozeß der Bildung der öffentlichen Meinung. Sie sammeln die auf die politische Macht und ihre Ausübung gerichteten Meinungen, Interessen und Bestrebungen, gleichen sie in sich aus, formen sie und versuchen, ihnen auch im Bereich der staatlichen Willensbildung Geltung zu verschaffen. In der modernen Massendemokratie üben die politischen Parteien entscheidenden Einfluß auf die Besetzung der obersten Staatsämter aus. Sie beeinflussen die Bildung des Staatswillens, indem sie in das System der staatlichen Institutionen und Ämter hineinwirken, und zwar insbesondere durch Einflußnahme auf die Beschlüsse und Maßnahmen von Parlament und Regierung.“

(Aus: BVerfGE 20, 56 – Parteienfinanzierung I, Urteil des Zweiten Senats vom 19. Juli 1966 auf die mündliche Verhandlung vom 19., 20. und 21. April 1966)            

Die damals wie heute geltenden Kernaussagen sind:

  • Willensbildung des Volkes und Bildung des staatlichen Willens durch seine verfassten Organe müssen unterschieden werden.
  • In einer Demokratie muss sich diese Willensbildung aber vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen.
  • Parteien sind Zwischenglieder zwischen den Einzelnen und dem Staat, Instrumente, durch die der Bürgerwille auch zwischen den Wahlen verwirklicht werden kann, „Sprachrohr“ des Volkes.

Die Haltung eines Peter Altmaiers – wie oben beschrieben – oder die Vernachlässigung der Parteimitglieder durch Mandatsträger, die Abwesenheit von intensiver Diskussionskultur in Parteien auf allen Ebenen und mit dem Bürger oder die Reduzierung der Parteimitgliedschaft auf eine Finanzierungsfunktion für die Partei und ihre Mandatsträger, ist mit diesen Kernaussagen nicht vereinbar.

Es sind die Parteimitglieder, die den Funktionsauftrag der Parteien im Sinne von Art. 21 GG für die Demokratie mit ihrem Engagement legitimieren und umsetzen. Aber diese in der Regel einfachen Parteimitglieder stören, wenn Mandatsträger ihre finanziellen Vorteile und ihre politische Macht mit Folge-Mandaten bei Wahlen prologieren wollen.

Einfache Parteimitglieder stören, wenn sie mit inhaltlichen Themen die Qualität einer Mandats- und Funktionswahrnehmung hinterfragen, und so Kompetenzprobleme offenkundig werden.

Inhaltliche Diskussionsvielfalt durch Mitglieder stört auch das öffentliche Bild einer Partei, die immer nur nach Ansicht der Ämterbesitzer geschlossen wirken sollte, um mit einem möglichen Wettstreit um die besten Ideen und Argumente die wirtschaftliche Existenz ihrer hauptberuflichen Funktions- und Mandatsträger nicht zu gefährden.

Alle Parteien haben ihren Umgang und ihr Verhältnis zu ihren Mitgliedern in den letzten Jahren stark verändert. Show, perfektes Marketing bis hin zur Anzahl der „Klatschminuten“ für den Auftritt von Mandatsträgern und Parteifunktionären bei öffentlichen Veranstaltungen haben längst das „Ringen um politische Inhalte“ in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung gerückt.

Gleichzeitig kann man das „Verkümmern“ der politischen Teilhabe und Diskussion auf lokaler Ebene beobachten – auch, weil Amtsträger die sogenannte Basis zwar benötigen, aber eigentlich als „lästig und zeitfressend“ empfinden.

Show, perfektes Marketing und die Anzahl der „Klatschminuten“ sind aber nicht der Demokratiebeitrag, den die Parteien im Sinne von Art. 21 GG zu leisten haben. Parteien sollen nicht unterhalten, verkaufen oder manipulieren, Parteien sollen informieren und zwischen Staat und Gesellschaft vermitteln.

Weder der Erhalt persönlicher politischer Macht, die jahrelange Konservierung politischer Ämter, das Reklamieren von Sonderegeln für Mandats- und Funktionsträger oder die Ignoranz demokratischer Prozesse werden von Art. 21 GG gedeckt.

Gegenwärtig ist ein abstraktes Normenkontrollverfahren und ein Organsteitverfahren zur Parteienfinanzierung und seiner gesetzlichen Grundlagen vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig, Am 12./13. Oktober 2021 hat das Bundesverfassungsgericht eine mündliche Verhandlung zur „Anhebung der absoluten Obergrenze der Parteienfinanzierung“ und Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens durchgeführt. Ein Ziel war es, in der mündlichen Verhandlung insbesondere zu erörtern, welche absolute Obergrenze staatlicher Parteienfinanzierung mit dem Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 GG vereinbar ist.

B.              Informationspapier zur staatlichen Parteienfinanzierung mit Grundlagen und Anspruchsvoraussetzungen des Deutschen Bundestages Oktober 2017

„Gemäß § 18 Abs. 1 PartG erhalten die Parteien staatliche Mittel als Teilfinanzierung der allgemein ihnen nach dem Grundgesetz4 obliegenden und im PartG konkretisierten Tätigkeiten. Maßstab für die Verteilung dieser Mittel ist die Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft. Die Verwurzelung wird zum einen am Erfolg gemessen, den eine Partei bei der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl sowie bei den jeweils letzten Landtagswahlen erzielt hat, zum anderen an dem Umfang der Zuwendungen natürlicher Personen. Zuwendungen in diesem Sinne sind eingezahlte Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge sowie rechtmäßig erlangte Spenden von natürlichen Personen (§ 18 Abs. 3 Nr. 3 PartG):“

„Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung haben gemäß § 18 Abs. 4 PartG grundsätzlich diejenigen Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen ein Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen für ihre Listen erreicht haben. Fusionieren Parteien (vgl. § 9 Abs. 3 PartG), werden ihre vorher erzielten Stimmenergebnisse nur dann addiert, wenn diese jeweils als solche das erforderliche Stimmenquorum von 0,5 Prozent bzw. ein Prozent erreicht haben. Ist eine Liste für die Partei nicht zugelassen, entsteht gemäß § 18 Abs. 4 PartG ein Anspruch, wenn die Partei zehn Prozent der in einem Wahl- oder Stimmenkreis abgegebenen gültigen Erststimmen erreicht hat.

Weitere Anspruchsvoraussetzungen sind die Vorlage des jeweils letztfälligen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Rechenschaftsberichts (§ 19a Abs. 1 und 3 PartG) und – für nicht bereits im Vorjahr anspruchsberechtigte Parteien – ein schriftlicher Antrag auf Festsetzung und Auszahlung der staatlichen Mittel (§ 19 Abs. 1 PartG).

Löst sich eine Partei auf oder wird sie verboten, scheidet sie ab dem Zeitpunkt der Auflösung aus der staatlichen Finanzierung aus. Gleiches gilt, wenn das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass eine Partei von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen ist (§ 18 Abs. 7 PartG). Eine anteilige Festsetzung der staatlichen Mittel für das Jahr der Auflösung oder des Parteiverbots ist dann nicht mehr möglich, da die Festsetzung stets erst im Folgejahr rückwirkend für das abgelaufene Jahr erfolgt.“

„Für jede anspruchsberechtigte Partei wird gemäß § 18 Abs. 3 PartG jährlich für die bei den jeweils letzten Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen insgesamt erzielten gültigen Stimmen bis zu einer Gesamtzahl von vier Millionen Stimmen ein Betrag von 1,00 Euro sowie für darüber hinaus erzielte Stimmen 0,83 Euro je Stimme in Ansatz gebracht („Wählerstimmenanteil“). Der Wahlerfolg der Parteien wird damit vom Staat in unterschiedlicher Höhe honoriert. Für die von natürlichen Personen gewährten Zuwendungen wird gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 3 PartG bis zu einer Gesamthöhe von 3.300 Euro je Person und Jahr ein Betrag von 0,45 Euro je Euro angesetzt („Zuwendungsanteil“).“

„Die Summe der jährlichen staatlichen Finanzierung aller Parteien darf gemäß § 18 Abs. 2 PartG eine „absolute Obergrenze“ nicht überschreiten, wobei insoweit steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt bleiben5. Von 1994 bis 1997 entsprach sie nach der Vorgabe des eingangs genannten Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 9. April 1992 und nach den entsprechenden Empfehlungen der vom damaligen Bundespräsidenten einberufenen unabhängigen Kommission zur Parteienfinanzierung (vgl. § 18 Abs. 7 PartG) dem Umfang der bisherigen staatlichen Parteienfinanzierung, nämlich 230 Millionen DM (vgl. Bundestagsdrucksache 12/4425, S. 74). Nach einer die Geldwertentwicklung berücksichtigenden Anhebung dieser Grenze auf 245 Millionen DM für die Jahre 1998 bis 2001 ist die jährliche absolute Obergrenze ab dem Jahr 2002 auf 133 Millionen Euro festgesetzt worden (§ 18 Abs. 2 PartG). Mit dem Zehnten Änderungsgesetz zum Parteiengesetz (BGBl. I S. 1748) wurde diese Obergrenze angehoben. Das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel betrug demnach 141,9 Mio. Euro für das Jahr 2011 und 150,8 Millionen Euro für das Jahr 2012. Seit 2013 erhöht sich die absolute Obergrenze jährlich im Rahmen einer in § 18 Abs. 2 PartG geregelten Dynamisierung. Für das Jahr 2016 liegt die absolute Obergrenze bei 160.519.363 Euro (Bundestagsdrucksache 18/8295).

Wegen des aus Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abgeleiteten Verbots einer überwiegenden staatlichen Parteienfinanzierung darf gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 PartG die staatliche Finanzierung bei den einzelnen Parteien die Summe ihrer jährlich selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht überschreiten („relative Obergrenze“). Ist letztere niedriger, beschränkt sich die staatliche Teilfinanzierung der betreffenden Partei auf die Summe dieser Eigeneinnahmen.

Die Berechnung des Anspruchsumfangs führt regelmäßig zu einem die absolute Obergrenze übersteigenden Betrag. Ursache hierfür ist unter anderem, dass Parteien ein hohes Aufkommen an zuschussfähigen Spenden natürlicher Personen gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 3 PartG verzeichnen können. Würde der gesetzlich vorgesehene Zuschuss in voller Höhe ausgezahlt werden, würde es zu einer Überschreitung der absoluten Obergrenze der staatlichen Teilfinanzierung kommen. Gemäß § 19a Abs. 5 Satz 2 PartG ist deshalb eine proportionale Kürzung der jeweiligen staatlichen Mittel aller anspruchsberechtigten Parteien erforderlich.

Die beschriebenen Schritte der Anpassung an die relative und danach an die absolute Obergrenze haben zur Folge, dass die Parteien tatsächlich nicht die in § 18 Abs. 3 PartG genannten Beträge je Wählerstimme und zugewendetem Euro erhalten, sondern entsprechend gekürzte Beträge.“

Übersicht staatliche Teilfinanzierung der Parteien in 2020 – Quelle: Deutscher Bundestag

C.              1992: Grundsätze der gegenwärtigen Parteienfinanzierung durch das Bundesverfassungsgericht

  1. Die vom Grundgesetz vorausgesetzte Staatsfreiheit der Parteien erfordert nicht nur die Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit vom Staat sondern auch, daß die Parteien sich ihren Charakter als frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde Gruppen bewahren (vgl. BVerfGE 20, 56 [101]).
  2. Entgegen der bisher vom Senat vertretenen Auffassung ist der Staat verfassungsrechtlich nicht gehindert, den Parteien Mittel für die Finanzierung der allgemein ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeit zu gewähren. Der Grundsatz der Staatsfreiheit erlaubt jedoch nur eine Teilfinanzierung der allgemeinen Tätigkeit der politischen Parteien aus staatlichen Mitteln. Er wird durch die Gewährung finanzieller Zuwendungen dann verletzt, wenn durch sie die Parteien der Notwendigkeit enthoben BVerfGE 85, 264 (264)BVerfGE 85, 264 (265)werden, sich um die finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten durch ihre Mitglieder und ihnen nahestehende Bürger zu bemühen.
  3. a) Das Gesamtvolumen solcher staatlicher Zuwendungen an eine Partei darf die Summe ihrer selbsterwirtschafteten Einnahmen (vgl. § 24 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und 8 PartG) nicht überschreiten („relative Obergrenze“).
  4. b) Der Umfang der den Parteien in den Jahren 1989 bis 1992 aus öffentlichen Kassen zugeflossenen finanziellen Mittel muß, solange die bestehenden Verhältnisse keine einschneidende Veränderung erfahren, als hinreichend angesehen werden. Der sich aus diesen Zuwendungen als Mittelwert für ein Jahr ergebende Betrag bildet das Gesamtvolumen staatlicher Mittel, die den Parteien äußerstenfalls von Bund und Ländern insgesamt zugewendet werden dürfen („absolute Obergrenze“).
  5. c) Der Erfolg, den eine Partei beim Wähler, den sie bei der Summe der Mitgliedsbeiträge sowie bei dem Umfang der von ihr eingeworbenen Spenden erzielt, muß zu einem jeweils ins Gewicht fallenden, im einzelnen allerdings vom Gesetzgeber zu bestimmenden Anteil in den Maßstab eingehen, nach dem die zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel an die Parteien verteilt werden.
  6. Die Regelung des Chancenausgleichs in § 22a Abs. 2 PartG ist nicht vereinbar mit dem aus Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb (teilweise Abweichung von BVerfGE 73, 40).
  7. Einer zulässigen steuerlichen Begünstigung von Beiträgen und Spenden an politische Parteien ist dort eine verfassungsrechtliche Grenze gezogen, wo sie ein Ausmaß erreicht, das geeignet ist, die vorgegebene Wettbewerbslage zwischen den Parteien in einer ins Gewicht fallenden Weise zu verändern. Diese Grenze ist nicht erreicht, wenn die steuerliche Begünstigung von der Mehrzahl der Steuerpflichtigen in gleicher Weise genutzt werden kann.
  8. Die steuerliche Begünstigung von Parteispenden, die von Körperschaften geleistet werden, ist im Blick auf das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (Abweichung von BVerfGE 73, 40).
  9. Die Festlegung der sogenannten Publizitätsgrenze in § 25 Abs. 2 PartG auf 40.000 DM verstößt gegen Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG.

(Aus: BVerfGE 85, 264 – Parteienfinanzierung II, Urteil des Zweiten Senats vom 9. April 1992 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. November 1991).

D.              Wie finanzieren sich Parteien gegenwärtig neben den Mitgliedsbeiträgen?

Ca. 200 Mio. Euro standen den Parteien für das Jahr 2021 als staatliche Teilfinanzierung zur Verfügung.

Für den anderen Teil, den die Parteien als Eigenmittel nachweisen müssen, um überhaupt eine staatliche Teilfinanzierung zu bekommen, haben die Parteien sehr unterschiedliche Strategien entwickelt, die große Mitgliederzahlen oft überflüssig machen.

1.               Stiftungen

Alle Parteien haben Stiftungen, die inhaltliche Arbeit machen sollen und eine Beitrag zur gesellschaftspolitischen Diskussion möglichst liefern.

Zu den bundesweiten politischen Stiftungen gehören:

  • die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES)
  • die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS)
  • die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS)
  • die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS)
  • die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS)
  • die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS)

Aus bpb.de: Finanzierung der Stiftungen in 2009:

„Der Gesamthaushalt der sechs politischen Stiftungen belief sich im Haushaltsjahr 2009 auf rund 442 Mio. €. Dabei entfallen auf die Friedrich-Ebert-Stiftung 139 Mio. €, die Konrad-Adenauer-Stiftung rund 131 Mio. €, die Friedrich-Naumann-Stiftung 46 Mio. €, die Hanns-Seidel-Stiftung 50 Mio. €, auf die Heinrich-Böll-Stiftung 46 Mio. € und auf die Rosa-Luxemburg-Stiftung 30 Mio. €. Alle Stiftungen geben etwa die Hälfte ihres Etats für ihre Auslandsarbeit aus. Die Haushalte der politischen Stiftungen werden nahezu vollständig aus öffentlichen Haushalten finanziert, wobei bei den staatlichen Mitteln die Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt mit rund 90 % die herausragende Rolle spielen. Sie unterliegen damit der öffentlichen Kontrolle durch das Parlament und vor allem des Bundesrechnungshofes. Die Eigenmittel aus Spenden und Eigenkapital machen bei allen Stiftungen nur einen verschwindend kleinen Betrag aus. Der zwar nicht größte, aber für die politische Arbeit der Stiftungen im Inland besonders wichtige Teil der staatlichen Finanzierung besteht in den sog. „Globalmitteln“ aus dem Haushalt des Bundesinnenministeriums. Im Rahmen der allgemeinen Zuweisungsrichtlinien sind die Stiftungen hier in ihrer Mittelverwendung weitgehend frei. Im Jahre 2010 betrug dieser Haushaltstitel für die sechs politischen Stiftungen insgesamt 97,9 Mio. €. Hiervon entfielen auf die Friedrich-Ebert-Stiftung 32,1 Mio. €, auf die Konrad-Adenauer-Stiftung 28,6 Mio. €, auf die Friedrich-Naumann-Stiftung, die Hanns-Seidel-Stiftung und die Heinrich-Böll-Stiftung jeweils 10,1 Mio. € und auf die Rosa-Luxemburg-Stiftung 6,9 Mio. €.

Der bei weitem größte Teil der übrigen öffentlichen Finanzmittel fließt den Stiftungen für deren entwicklungspolitische Arbeit aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu. Die Mittel für die Studienförderung erhalten die Stiftungen im Rahmen der Begabtenförderung des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft. Die Stipendien für die ausländischen Studierenden stammen hingegen aus dem Haushalt des Auswärtigen Amtes. Die politische Bildungsarbeit sowie weitere allgemeine Tätigkeiten einschließlich der Forschungsarbeiten der Stiftungen werden aus den oben genannten Globalmitteln des Bundesinnenministeriums finanziert. Weitere Beträge kommen aus dem Auswärtigen Amt. Die → Bundesländer und einige Kommunen erteilen Zuschüsse für die Bildungsarbeit als Sondermittel nur für Einzelprojekte.“

„Die parteinahen Stiftungen sollen zur Meinungsbildung beitragen und die Demokratie stärken. Ihre Finanzierung ist umstritten, auch wegen mangelnder Transparenz. Weil auch die AfD-nahe Erasmus-Stiftung bald Millionen vom Bund erhalten könnte, nimmt die Diskussion über eine Gesetzesreform Fahrt auf“, so Benjamin Dierks am 30.11.2020 im Deutschlandfunk.

Inhaltliche Arbeit findet in den Stiftungen statt, aber sie ersetzen nicht die Aufgabe der Parteien und ihrer Mitglieder in der gesellschaftspolitischen Diskussion. Sie können mit ihrer Arbeit bestenfalls eine Ergänzung darstellen und mit Informationsangeboten die Diskussion in Parteien und zwischen Parteimitgliedern und der Gesellschaft anregen.

Mit der politischen Ausrichtung der jeweiligen Stiftungen sind sie konkret bestimmten Parteien zuzuordnen, und damit ein mittelbares Instrument der Parteien und der Finanzierung parteipolitischer Inhalte.

2.               Unternehmerische Tätigkeiten

Parteien haben eigene unternehmerische Ansätze der Parteienfinanzierung gefunden und im Fall der SPD sogar aktiv mit dem Meinungsbildungsprozess in der Gesellschaft verbunden.

Die SPD unterhält eine Art Medienkonzern – die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft, die ihr hohe zusätzliche Einnahmen sichert.

Aus Wikipedia zur dd.vg:

„Die DDVG kommt als Verlagsgruppe mit den ihr zuzurechnenden Tageszeitungen auf eine anteilige Gesamtauflage von rund 435.000 Exemplaren und einen Marktanteil am bundesdeutschen Tageszeitungsmarkt in Höhe von 1,9 %. Sie hält mit einer Ausnahme ausschließlich Minderheitsanteile an über 40 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von ca. 2,2 Millionen verkauften Exemplaren bei einer Gesamtauflage aller Zeitungen in Deutschland von 21,1 Millionen im Jahr 2006. Lediglich am Verlag der Neuen Westfälischen in Bielefeld hält die DDVG eine Mehrheit der Kapitalanteile; bis Ende 2015 mit indirekt 57,5 % und seit dem 1. Januar 2016 mit 100 %.

Der Jahresüberschuss der DDVG belief sich 2008 auf 15,5 Mio. Euro und 2007 auf 17,2 Mio. Euro, von denen 11,4 Mio. an die SPD als Gesellschafterin ausgeschüttet wurden.

Die DDVG sieht sich als sozialdemokratisches Unternehmen. Unternehmensphilosophie ist es nach eigenen Angaben, durch Gewinnausschüttungen zur finanziellen Unabhängigkeit der SPD und durch das Engagement im Segment der regionalen Tageszeitungen zum Erhalt einer lebendigen mittelständischen Presselandschaft beizutragen.

Laut eigenen Angaben vermeidet die DDVG beherrschenden Einfluss und hält in der Regel Minderheitsbeteiligungen. Die DDVG betont, dass sie sich der „inneren Pressefreiheit verpflichtet“ fühle.“

Der DDVG bekommt in den letzten Jahren zunehmend Bedeutung durch das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es ist die Zentralredaktion für „Mantelinhalte“ (überregionale Inhalte) von Zeitungen und gehört zur Verlagsgruppe Madsack in Hannover, bei der die DDVG größter Kommanditist ist. (Quelle Wikipedia)

Das RND bietet aber auch aktuelle Nachrichten und Meinungen über eine eigene App und ein eigenes Nachrichtenportal an.

„Das 2013 gegründete RND ist eines der größten und meistzitierten Mediennetzwerke des Landes. Aus unserem Newsroom in Hannover und unserem Hauptstadtbüro erhalten jeden Tag gut sechs Millionen Leserinnen und Leser in ganz Deutschland Nachrichten, Interviews, Analysen und Kommentare zu den Themen, die Deutschland bewegen. Ein starkes Netzwerk durch starke Partner für Qualitätsjournalismus in der Bundesrepublik“, Quelle RND, https://membership.rnd.de/.

Verträgt sich eine derartige Medienmacht kombiniert mit finanziellen Einnahmen mit der Aufgabe der Parteien gemäß Art. 21 GG? Diese Frage hat eine ganze eigene verfassungsrechtliche Dimension.

3.               Parteispenden

FDP und Grüne haben dagegen mit Parteispenden Aufmerksamkeit erregt. Hier fehlt zwar die ausdrückliche Kombination mit dem Problem der Meinungsmacht – wie bei der SPD – aber man kann die Frage nach den Motiven für „Großspenden“ stellen, die gewiß nicht ohne Eigennutz erfolgen.

Liste der Parteispenden über 50.000 € – Jahr 2021

https://www.bundestag.de/parlament/praesidium/parteienfinanzierung/fundstellen50000/2021/2021-inhalt-816896

„FDP und Grüne haben im laufenden Wahljahr mit Großspenden im Parteienvergleich bisher die höchsten Einnahmen erzielt. Die FDP erhielt 3,7 Millionen Euro, die Grünen lagen mit 3,4 Millionen Euro knapp dahinter, wie aus der Auflistung des Bundestags hervorgeht, über die zuerst die „Welt am Sonntag“ berichtete.

Die Grünen sind mit einer Million und 1,25 Millionen Euro auch die Empfänger der beiden größten Einzelspenden in 2021. Die CDU liegt mit insgesamt 2,8 Millionen Euro in den ersten achteinhalb Monaten des Jahres 2021 nur noch auf Platz drei.

Insgesamt flossen im Jahr 2021 dem Bericht zufolge 10,9 Millionen Euro per Großspenden in die Kassen der Bundestagsparteien. 2017 waren es in den neun Monaten vor der Bundestagswahl demzufolge nur knapp 5,3 Millionen Euro gewesen.

Die Zahl der Spenden ab 50.000 Euro, die dem Bundestag unverzüglich gemeldet und zeitnah veröffentlicht werden müssen, stieg demnach von 45 auf 68.“

Quelle ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/parteispenden-fdp-gruene-bundestagswahl-100.html

4.               Mandatsträgerabgaben

Bei der CDU nimmt der gegenwärtig ca. 25 % Anteil der Mitgliederbeiträge an den Gesamteinnahmen der Partei kontinuierlich weiter ab, dagegen steigen die Anteile der staatlichen Mittel und der Mandatsträgerabgaben an. Quelle: Statista – Aufgliederung der Einnahmen der CDU in den Jahren von 2014 bis 2019.

  • 27 PartG – Einzelne Einnahmearten

(1) Mitgliedsbeiträge sind nur solche regelmäßigen Geldleistungen, die ein Mitglied auf Grund satzungsrechtlicher Vorschriften entrichtet. Mandatsträgerbeiträge sind regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus leistet. Spenden sind darüber hinausgehende Zahlungen.

Dazu aus Wikipedia:

„Die Satzungen von allen im Bundestag vertretenen Parteien sehen die Verpflichtung zur Entrichtung von Mandatsträgerbeiträgen vor. Die jeweilige Höhe der Sonderbeiträge ist außer bei der CSU in keiner dieser Satzungen bestimmt, sondern wird von bestimmten Organen der entsendenden Gliederungen festgelegt bzw. mit den Betroffenen vereinbart. Was die Verbindlichkeit der Verpflichtung zur Leistung der Mandatsträgerbeiträge angeht, unterscheiden sich die Bestimmungen der Parteien erheblich. Bei einigen wird ausdrücklich von freiwilligen Leistungen gesprochen. Bei anderen führt die Nichtleistung zum automatischen Verlust der Mitgliedschaft.

Die Höhe der Mandatsträgerabgaben ist unterschiedlich. Während die Gewerkschaften eine Abführung des größten Teils der Aufsichtsratstantiemen verlangen, leisten Parteipolitiker meist zwischen 10 % und 20 % ihrer Bezüge oder Abgeordnetenentschädigungen.“

In 2018 konnten die sieben im Bundestag vertretenen Parteien insgesamt 69.9 Mio. Euro aus der Mandatsträgerabgabe einnehmen, das entspricht ca. 13,6% ihrer Gesamteinnahmen.

5.               Mitgliedsbeiträge der Parteien

Die durchschnittlichen Mitgliedsbeiträge pro Kopf sind in 10 Jahren um 33% gestiegen. Das gesamtes Beitragsvolumen durch Mitgliederschwund liegt aber „nur“ mit 13% im Plus, so eine Analyse von Barkow-Consulting auf der Basis von Daten aus dem Jahr 2019.

Die Analyse zeigt, daß das durchschnittliche Mitgliedsaufkommen bei Parteien in 2019 bei 115,- € lag. Dabei waren Die Grünen mit einem Beitrag von 177,- € Spitzenreiter, gefolgt von den Linken mit 170,- €, der FDP mit 150,- €, der SPD mit 124,- €, der AfD mit 109,- €, der CDU mit 92,- € und dem Schlusslicht CSU mit 74,- €.

Dem möglichen Argument, die Konzentration von Parteieinnahmen auf Mitgliedsbeiträge könnte zu einem Ungleichgewicht zwischen den Parteien führen, tritt diese Analyse von Barkow Consulting entgegen.

Im Gegenteil, die Bereitschaft höhere Mitgliedsbeiträge zu zahlen, läßt sich mit Fragen nach Mitgliederbeteiligung in den Parteien, d.h. innerparteilicher Demokratie, Lebendigkeit und der Wertschätzung von persönlichem Engagement und Expertise kombinieren.

Dazu bietet sich ein weiterer Vergleich an: Der Mitgliedsbeitrag bei der Gewerkschaft Verdi beträgt pro Monat laut § 14 der Satzung 1% des regelmäßigen monatlichen Bruttoverdienstes.

III.             Wozu benötigen Parteien noch Mitglieder?

„Der Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien wird durch die Gewährung finanzieller Zuwendungen mithin dann verletzt, wenn durch sie die Parteien der Notwendigkeit enthoben werden, sich um die finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten durch ihre Mitglieder und ihnen nahestehende Bürger zu bemühen. Wird dies außer acht gelassen, laufen die Parteien Gefahr, sich aus ihrer gesellschaftlichen Verwurzelung zu lösen.

Die Parteien können ihre Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes im Rahmen eines demokratischen Staatsaufbaus, wie ihn Art. 21 GG voraussetzt, nur erfüllen, wenn ihre Führung und die ihr zur Verfügung stehende Organisation sich ihrer mitgliedschaftlichen Basis und der Bürgerschaft insgesamt nicht entfremden. Eine dahingehende Entwicklung wird nicht schon dadurch vermieden, daß der Staat sich auf die Finanzierung bestimmter Betätigungen der Parteien — wie bisher jedenfalls dem Anschein nach der Vorbereitung von Wahlen — beschränkt, sondern nur dadurch, daß Finanzhilfen „so gewährt werden, daß der politische Prozeß offen, der Parteienwettbewerb erhalten und die Rückbindung der Parteiführungen an ihre gesellschaftliche Basis erhalten bleiben. Würde der Finanzbedarf der Parteien vorwiegend oder gar völlig aus öffentlichen Mitteln gedeckt, wären die Parteien in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise vom Staat abhängig.“ (Aus: Parteienfinanzierungsurteil II –  BVerfGE 85, 264 (287, 288).

Mit anderen Worten, wenn Parteien sich nicht mehr um ihre Mitglieder bemühen, weil ihnen u.a. ausreichende staatliche Mittel jenseits von Mitgliedsbeiträgen zur Verfügung stehen, dann verlieren sie ihre gesellschaftspolitische Verankerung, sie entfremden sich von der eigenen Basis und dem Bürger. Sie stellen sich selbst außerhalb jeder gesellschaftlichen Verwurzelung in ein, dem Machterhalt unterwerfendes System, das die Rückbindung von Parteiführungen an ihre gesellschaftliche Basis für überflüssig halten kann, weil sie ihre Mitglieder finanziell nicht benötigen und damit als inhaltlich störend empfinden können. Die CDU hat dies mit ihrer Entscheidung für Armin Laschet in 2021 für alle sichtbar demonstriert.

Dabei sind es genau diese Mitglieder, aus deren Reihen Kandidaten aufgestellt werden, die dann das Wahlvolk wählen kann oder nicht. Eigene personelle Vorstellen von außen (jenseits von Parteien) gibt es nicht. Den Mitgliedern von Parteien kommt damit eine ungeheure Verantwortung für die Vorauswahl von Kandidaten bei allgemeinen Wahlen zu. Diese Kandidaten sollten nicht nur die politische Partei nach außen kommunikativ vertreten, sie sollten auch in der Lage sein, die an sie als Parlamentarier gestellten Anforderungen in einer repräsentativen Demokratie inhaltlich zu erfüllen.

Der allgemeine Mitgliederschwund in den Parteien in Verbindung mit einer sehr starken Überalterung, lässt den Kreis potenzieller Kandidaten, die von einer Partei über ihre Mitglieder aufgestellt werden können, dabei immer weiter schrumpfen. Man muss die Frage stellen, ab welcher Mitgliederzahl und Mitgliederzusammensetzung, ein echter demokratischer Auswahlprozess in Parteien noch möglich ist, um die Aufgabe der Auswahl von Kandidaten für das Wahlvolk zu gewährleisten.

Welt.de : Lengsfeld sieht Parallelen zur DDR-Volkskammer

„Im Zusammenhang mit den Abstimmungen zur Euro-Rettung sieht die CDU-Politikerin Vera Lengsfeld Parallelen zwischen dem Bundestag und der DDR-Volkskammer. Von den Abgeordneten werde verlangt, über Entwürfe abzustimmen, die ihnen nicht einmal vollständig vorliegen, sagte die frühere Bundestagsabgeordnete zu „Handelsblatt Online“.

Wenn das Parlament dann „trotzdem so stimmt, wie die Regierung vorgibt, hat es seine Kontrollfunktion aufgegeben und gleicht immer mehr der Volkskammer der DDR“. Lengsfeld bezog ihre Kritik auf die Abstimmungen zum Rettungsschirm ESM und zum Fiskalpakt.“

FAZ.net: „Grünen-Parteitage werden normalerweise mit Anträgen geflutet. Baerbock und Habeck wollten auf ihren letzten Metern das Quorum dafür deutlich erhöhen. Aber dazu war die Parteibasis nicht bereit.“

„Baerbock warb vehement für diese Änderung: Die Fülle der Anträge, mit denen sich die Partei auf den Parteitagen der vergangenen Jahre herumschlagen müsste, sei „keine Basisdemokratie, sondern Scheindemokratie“, so Baerbock. Sie erinnerte daran, dass die Zahl von zwanzig Antragstellern aus der Anfangsphase der Partei stammt. Damals seien zwanzig rund 0,1 Prozent der Mitglieder gewesen. Außerdem habe man „von Tür zu Tür“ gehen müssen, um für Unterstützung zu werben, heute genügt ein Klick. „Meine Güte, wir stehen vor einer Regierungszeit“, sagte Baerbock. „Ihr kennt mich und Robert: Wenn es richtig um etwas geht, werden wir das nicht wegdrücken“, versicherte sie und warb für eine „Beteiligung auf der Höhe der Zeit“.“

IV.             Was tun, wenn man eine repräsentative Demokratie ohne amerikanisches Wahlkampfgetöse funktionsfähig halten will?

Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Parteien und ihrer Rolle als Mittler zwischen Staat und Gesellschaft stellt man die staatliche Parteienfinanzierung schlicht ein.

Die Evaluierung der staatlichen Parteienfinanzierung seit 1992 ergibt eine Korrelation zwischen „immer weniger Mitgliedern“ und „immer mehr staatlichen Mitteln“. Gleichzeitig dehnen alle Parteien die „Selbstbedienung“ beim Staat aus, indem man die Einnahmemöglichkeiten indexiert, steuerliche Vergünstigungen schafft und die Mandatsträgerabgabe möglich gemacht hat.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine Teilfinanzierung der Parteien in seinem 2. Urteil zur Parteienfinanzierung 1992 für verfassungsgemäß gehalten, aber es formulierte eine Einschränkung:

„In jedem möglichen System staatlicher Parteienfinanzierung müssen Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die Parteien in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise vom Staat abhängig werden“, BVerfGE 85, 264 (289).

Kann das Bundesverfassungsgericht akuell auch noch zu der Auffassung gelangen, dass die Parteien nicht vom Staat abhängig sind?

Nimmt man den Parteien ihre Wahlkampfkostenerstattung weg, verbietet man ihnen ihre Einnahmen aus der Mandatsträgerabgabe und begrenzte man die Spenden auf eine Höhe, die einer Einzelspenden keine individuellen Zwecksetzungen zuordnen lässt, dann wäre die Parteien heute nicht lebensfähig.

Sie wären nicht lebensfähig, weil ihnen der Staat keine Mittel mehr zur Verfügung stellt und sie es sich bis zu diesem Augenblick leisten konnten, ihre Mitglieder und damit ihre kommunikative Aufgabe und Funktion für Demokratie und Rechtsstaat völlig vernachlässigt zu haben. Eine lebendige Partei mit Ideen, Zukunftsvisionen und Positionen muss ihre Mitglieder nicht durch einen hauptamtlichen Apparat unterhalten, sondern ist durch diskussionsfreudige und an Entscheidungen, Funktionen und Ämtern beteiligte Mitglieder lebendig, informativ und unterhaltend.

Geld für scheinbare Professionalität im Auftreten der Parteien gesteuert durch wenige, bei gleichzeitiger Show für Mitglieder durch gut inszenierte Veranstaltungen, bei denen niemand durch Anträge oder abweichende Diskussionsbeiträge die Geschlossenheit stört – das ist weder innerparteiliche Demokratie noch demokratieerhaltend im Sinne von Art. 21 GG.

Parteien benötigen Mitglieder, und je mehr Mitglieder sie haben, umso mehr bewegen sie sich auch in der Mitte der Gesellschaft, mit der sie diskutieren und für die sie eine Vermittlungsrolle zwischen Staat und Gesellschaft einnehmen. Was ist sonst rechtfertigt auch die Rolle der Parteien bei der Vorauswahl der Personen, die sich dem Wahlvolk als wählbar für Mandate anbieten?

Wenn staatliche Gelder die Parteien dazu verführen, ihre Mitglieder zu vernachlässigen und als lästig zu empfinden, dann ist es Zeit den Parteien die Staatsfinanzierung wegzunehmen, damit sie sich wieder um ihre Mitglieder bemühen, mit ihnen diskutieren und in der Gesellschaft ihre Verankerung wiederfinden.

Parteien sind kein „Selbstbedienungsladen“ für wenige, sondern haben einen Funktionsauftrag für die Demokratie. Meinungsbildung durch vielfältige Information ist das Gebot der Stunde, nicht manipulative Wahlkampfschlachten der finanziellen Superlative nach amerikanischem Vorbild.

Nur das Aussetzen staatlicher Parteienfinanzierung garantiert die Bedeutung der Parteimitglieder für Rechtsstaat und Demokratie, indem sie wieder zum Zentrum politischer Diskussionskultur werden.

Staatliche Parteienfinanzierung ermöglicht ein System innerhalb von Parteien, das sich mit „Die da oben“ und „Die da unten“ umschreiben lässt.

Wofür benötigt man lästige Parteimitglieder, wenn man als Parteifunktionär in Ruhe alles im Sinne des „Machterhalts“ regeln möchte.

Die CDU hat diese Haltung mit ihren Entscheidungen für die Nachfolge von Angel Merkel in Partei und als Kanzlerkandidat exemplarisch öffentlich vorgeführt. Obwohl den Parteitagsdelegierten die völlig andere Position der Mitglieder bekannt war, ignorierte man zum eigenen Machterhalt die Meinung der Mitglieder und wählte Armin Laschet erst zum Parteivorsitzenden und bestimmte ihn im Präsidium zum Kanzlerkandidaten. Die Mitglieder waren völlig ausgeschaltet –  auch weil Corona die Neuwahlen von Parteitagsdelegierten verhinderte, die per Gesetz einfach in ihren Ämtern verlängert wurden.

Delegierte kann man über Ämter und Funktionen kontrollieren, Mitglieder dagegen nicht.

Parteimitglieder im Zentrum der politischen Diskussion schaffen demokratische Prozesse in den Parteien und ermöglichen eine Diskussionskultur mit der Gesellschaft ohne abgeschottete Berufspolitikerwelten.

Berufspolitiker wissen alles, bleiben nie eine Antwort schuldig oder räumen gar ein, Kompetenzgrenzen zu haben. Entsprechend folgen ihre Antworten in Interviews einem bestimmten Schema:

  • Allgemein bleiben
  • Bei unangenehmen Fragen das Thema wechseln
  • Bewährte Worthülsen verwenden
  • Einordnend moralisieren
  • Auf Dritte ablenken

Berufspolitiker wollen möglichst lange in ihrem „Beruf“ überleben, und dazu gehört viel Show ohne eigene Position. Ihr innerer Abstand zu den Mitgliedern in der Partei ist groß. Sie sind diejenigen, denen man aus der weisen Sicht eines Berufspolitikers gelegentlich bei Versammlungen und Treffen monologartig die „Welt“ erklärt.

Dazu sagt das Bundesverfassungsgericht, das Partei ihre Aufgabe der Mitwirkung nur erfüllen, wenn ihre Führung und die ihr zur Verfügung stehende Organisation sich ihrer mitgliedschaftlichen Basis und der Bürgerschaft insgesamt nicht entfremden, vgl. BVerfGE 85, 264 (288).

Berufspolitiker haben sich durch die Entfernung von ihren Mitgliedern auch von den Bürgern entfernt. Beide Gruppen dienen dem Macht- bzw. „Berufserhalt“ der Berufspolitiker, die in der Regel ohne ihre Mandate einen erheblichen finanziellen und gesellschaftlichen Abstieg hinnehmen müssten.

Aber die Abschottung der Berufspolitiker hat auch etwas mit dem Verstecken mangelnder Kompetenz zu tun. In der Welt der Politik kann jeder alles werden, egal ob und was er gelernt hat. Alle können Wirtschaft, alle können Gesundheit, alle können Justiz, Sicherheits- oder Außenpolitik. Wer so handelt und denkt, liefert sich den Wissenden aus und benötigt ständig Berater, die die fehlende Eigenkompetenz ausgleichen.

Gleichzeitig steigen die Leistungsanforderungen in allen Bereichen der Gesellschaft kontinuierlich an, weil alles sich dynamisch weiterentwickelt. Wer heute einen Abschluß im Rahmen der Berufsausbildung oder des Studiums macht, muß sich ständig steigenden Anforderungen und Veränderungen stellen, um zu bestehen. Nicht so der Berufspolitiker, da ist schon ein Abitur ausreichend, um das Leben der Gesellschaft zu bestimmen, Grundrechte einzuschränken, komplexe Gesetzesvorhaben zu beurteilen oder einfach nur zu regulieren.

Ohne gekaufte politische Inhalte durch und mit Parteiapparaten, erhöht sich die Chancengleichheit der Parteien untereinander im Wettbewerb um Inhalte und Ideen.

Wenn nicht Geld über Wahlergebnisse entscheiden soll, dann muss es zwischen Parteien wieder um den Wettbewerb der besten Ideen und Zukunftsvisionen gehen. Dabei könnten sich auch die Besten in den Parteien profilieren und durchsetzen.

Wer innerparteilich nicht diskutiert, gibt neuen Ideen und qualifizierten Mitgliedern keine Chance, sich über Inhalte für Ämter oder Mandate erfolgreich zu bewerben. Im Gegenteil, qualifizierte Mitglieder verschwenden ihre freie Zeit nicht mit Parteiarbeit, wenn sich sowieso niemand für ihre inhaltlichen Beiträge interessiert. Der unqualifizierte Berufspolitiker oder langjährige Parteifunktionär hat zur Absicherung eigener Positionen an derartigen Entwicklungen sogar Eigeninteresse. Stammtisch und innerparteiliche Personalpolitik dürfen nicht das wichtigste Karriereelemente in einer Partei sein.

Was war noch einmal der Auftrag der Parteien und warum haben sie Mitglieder?

Tagtäglich kann man in den Medien wahrnehmen, dass sich politische Inhalte in moralisierenden Allgemeinplätzen erschöpfen, und alles andere von bezahlten Profis den Parteien zugeliefert wird, die so professionell das ausgleichen, was an innerparteilicher Kompetenz zwar nicht fehlt, aber einfach nicht abgerufen wird. Wozu hat man Stiftungen und wozu hat man Parteiapparate auf Landes- und Bundesebene, über die man alles einkaufen kann, was für das politische Tagesgeschäft notwendig ist.

Parteivorstände entscheiden inhaltlich das politische Tagesgeschäft, aber auch die sind in der Regel „zu langsam sind“. Zur weiteren Optimierung hat man geschäftsführende Vorstände im Vorstand in allen Parteien geschaffen, die bestenfalls Entscheidungen mit dem Vorstand rückkoppeln und alle 2 Jahren den Mitgliedern Rechenschaft bei Wahlen geben. Die absolute Entfernung zwischen Mitglied und Funktionär wird so erhöht und reduziert die innerparteilichen demokratischen Prozesse auf das notwendige Minimum. Als Rechtfertigung wird auf die Geschlossenheit der Partei verwiesen, der im Zweifel einzelne Inhalte geopfert werden müssen.

Wenn aber niemand Allwissend ist und im Wettbewerb um die besten Ideen und Visionen die Zukunft von Demokratie und Gesellschaft liegt, dann haben derartige Verfahren und Zustände in den Parteien einen demokratieabbauenden Charakter, der mit ihren Aufgaben gemäß Art. 21 GG wenig gemein hat.

Parteien sind kein Gebilde oder ein Raum für Funktionäre, die sich ihre Mitglieder als notwendiges Übel halten, Parteien sind ein Organismus, der in und aus der Gesellschaft existiert, um gesellschaftliche Weiterentwicklung und Demokratie im Wettbewerb um die besten Ideen in Freiheit zu bewahren.

Für Parteispenden gilt eine 5-stellige Obergrenze und vollständige Transparenz.

Der Wettbewerb um die besten Ideen und Visionen funktioniert nur, wenn Parteien ihre innere Unabhängigkeit bewahren, d.h. sie dürfen niemandem verpflichtet sein.

Niemandem verpflichtet ist eine Partei, wenn es keinen Grund zur Dankbarkeit und zum Gewähren von Gefälligkeiten gibt. Mit anderen Worten, kein Spender kann sich aufgrund einer 5-stelligen Obergrenze für eine Spende so aus der Menge der Spender hervorheben, daß eine Sonderbehandlung einforderbar wäre.

Vollständige Transparenz bleibt wünschenswert, verliert aber ihre Bedeutung, wenn alle nur relativ gleiche Teile von allen sind.

Weniger Geld könnte somit weniger eingekaufte Inhalte für Parteien bedeuten – Reduzierung von Parteiapparaten und Beauftragung Dritter – aber gerade dies würde die notwendige Rückbesinnung auf die vielen qualifizierten Mitglieder in den Parteien ermöglichen, die endlich wertgeschätzt würden.

Parteien ist es grundsätzlich untersagt, Einnahmen aus Beteiligung an Medien zu generieren und Medienanteile zu besitzen, um die Medienfreiheit in aller möglichen Unabhängigkeit zu sichern.

Parteien und Medien haben eine besondere Stellung im Grundgesetz und dienen Demokratie und Rechtsstaat. Sie sind Mittler zwischen Staat und Gesellschaft, in dem sie zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung beitragen.

Dabei haben beide ureigenste Aufgaben, die zur Vermeidung von Meinungsmanipulation und Meinungsmacht strikt zu trennen sind. Die letzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage, ob Parteien eine Medienbeteiligung halten dürfen oder nicht, liegt einige Zeit zurück – BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. März 2008
– 2 BvF 4/03 -, Rn. 1-142. Seither hat sich viel geändert, und Medienkonvergenz, -konzentration und Medienmacht haben sich rasant weiterentwickelt. Die Vielfalt in der gedruckten Presse ist stark bis kritisch reduziert, Mantelredaktionen liefern bundesweit die gleichen Informationen und Kommentare, und Algorithmen in Verbindung mit Google-Optimierungsstrategien bestimmen, was der Nutzer im Netz zu lesen bekommt und was nicht. Publizistische Vielfalt durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb auf dem Medienmarkt ist entgegen der Annahme des Bundesverfassungsgerichts in 2008 heute kein Selbstgänger mehr.

Es ist nicht Aufgabe von Parteien, Meinung zu machen oder gar die Informationsauswahl für die Gesellschaft zu treffen. Parteien sollen zur Meinungsbildung mit eigenen Positionen beitragen und mit der Gesellschaft diskutieren. Dazu passen heute Medienbeteiligungen – wie sie z.B. die SPD mit der dd.vg hält, nicht.

„Zur Sicherung der Vielfalt gehört auch die Vermeidung einseitigen Einflusses auf die öffentliche Meinungsbildung infolge der Zusammenballung publizistischer Macht; der Rundfunk soll nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert werden (vg. Hierbei muss bereits Gefahren begegnet werden, da einmal eingetretene Fehlentwicklungen sich – wenn überhaupt – nur bedingt und nur unter erheblichen Schwierigkeiten rückgängig machen lassen“, BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. März 2008
– 2 BvF 4/03 -, Rn. 94.

Zeitungen und private Medien insgesamt genießen einen Tendenzschutz. Dies lässt sich aber nur rechtfertigen, solange vielfältige andere Angebote in einer Region existieren, aus denen auch vielfältige andere Informationen und Meinungen an die Gesellschaft weitergegeben werden.

So gehören alle anderen regionalen Zeitungen (Kieler Nachrichten und Lübecker Nachrichten mit ihren jeweiligen regionalen Auseinanderschaltungen) von Lübeck bis Kiel in Schleswig-Holstein mit Ausnahme des Flensburger Tageblattes nur noch einer Mediengruppe mit einer Zentralredaktion, so daß eine vollständige Meinungsmacht im Pressebereiche gegeben ist.

“Das RND gibt Orientierung in der Nachrichtenflut und bietet formatübergreifend die Themen, die für die Leserschaft relevant sind.“ – Bernhard Bahners – Geschäftsführer RND – CDO MADSACK Mediengruppe

Parteien sollten keinen Zugriff auf Medienunternehmen haben, damit ihre Inhalte vor parteipolitischer Tendenz geschützt bleiben und die Meinungsbildung in der Gesellschaft nicht einseitig verfälscht wird. Parteien sollen sich auch nicht durch Medienbeteiligungen finanzieren, da sie über die Gewinnerwartung ebenfalls Einfluss auf Art und Inhalt der Berichterstattung nehmen. Meinungsbildung benötigt unabhängige Medien, umso durch  Medienvielfalt die Vielfalt meinungsbildender Informationen zu erhalten.

Für jeden Demokraten muß die Entwicklung in USA mit Trump und Fox News abschreckend sein. Die Rolle von Twitter beim Sturm auf das Kapitol in USA ist in Zusammenhang zu  setzen mit medienpolitischer Machtkonzentration und handelnden Einzelpersonen wie Elon Musk bei Twitter, Jeff Bezos bei der Washington Post oder Mark Zuckerberg bei Facebook.

Medienkonzentration ist das Verfügen über Meinungsmacht. Beides gilt es zur Sicherung von Demokratie und Rechtsstaat zu verhindern.

Für öffentliche Ämter aufgrund von Parteivorschlagsrechten in Verbindung mit Wahlen, gilt eine 2-malige Amtszeitbegrenzung.

Parteien haben keine Zukunft, wenn ihre Funktionäre in ihren Ämtern alt werden können.

Demokratie verträgt sich nicht mit Personenkult und dem jahrzehntelangen Verharren von Funktionären in Ämtern.

  • Zerstört werden Innovation, Kreativität, Engagement, Neugierde und die notwendige Auswahl der Besten für ein Amt oder eine Funktion.
  • Gefördert werden blinde Geschlossenheit, Verlust selbständigen Denkens und Positionierens, Verlust qualifizierter Mitglieder, Absprachen der Funktionsinhaber zur Verhinderung von Konkurrenz, Ideenlosigkeit durch Gewohnheit.
  • Nachwuchs und Neumitglieder sind oft chancenlos.

Mandatsträger sollen zum Wohl der Gesellschaft nur ihrem Gewissen unterworfen werden, d.h. sie sollen eine innere Unabhängigkeit haben. Aber wie kann man diese Unabhängigkeit haben, wenn das einzige Lebensziel die Fortsetzung eines politischen Mandats ist.

Ein Mandat, das zeitlich begrenzt ist und nicht fortgesetzt werden kann, schafft die Unabhängigkeit, die für den Wettstreit und die Durchsetzung der besten Ideen und Visionen notwendig ist.

Wer nach 2 Amtsperioden wieder in den ursprünglichen Beruf zurückkehren muß, verliert nicht seine Bodenhaftung und den Kontakt zu der Gesellschaft, für die er eine Vermittlungsfunktion wahrnimmt. Parteien und Mitglieder entfremden sich im Sinne des Bundesverfassungsgerichts nicht von der Bürgerschaft.

Auch wird die geschlossene Gesellschaft der Mandatsträger so aufgebrochen, andere und neue Parteimitglieder können sich engagieren und über Mandate ihre Positionen aus einer sich permanent verändernden Gesellschaft einbringen. Parteien würden wieder lebendig und verkämen nicht zu einem Club alter Parteimitglieder. Dabei geht es nicht um das Lebensalter der Mitglieder, es geht um ihre altersunabhängige Kreativität und Vielfältigkeit in allen Lebensbereichen der Gesellschaft, die Dauermandatsträger längst in der Routine des politischen Alltags verloren haben.

Lebendigkeit erfordert Wechsel, und nur der Wechsel garantiert aktive Mitglieder, die die Aufgabe der Parteien gemäß Art.21 GG auch erfüllen. Auch die Versorgungsansprüche (nicht in Form von Geld, sondern immer neuen Funktionen und Ämtern) von ehemaligen Mandatsträgern würden sich erübrigen und einer Bestenauslese Platz machen.

Mandatsträger dürfen nicht zu einer Mandatsträgerabgabe an Parteien herangezogen werden. Die Unabhängigkeit der Mandatsträger ist abzusichern.

Mandatsträgerabgaben – egal wie sie in den Parteien ausgestaltet wurden – sind der mittelbare Zugriff der Parteien auf staatliche Mittel. Jeder freiwillig gezahlte Anteil an der Mandatsträgerabgabe ist der Einkauf eines Mandats bei der Partei.

Jeder Schatzmeister von Ort- bis Bundesvorstand kennt die Diskussion über die Höhe der Mandatsträgerabgabe. Und natürlich ist ein Kandidat für ein öffentliches Amt um so interessanter, je höher dessen Bereitschaft zu Beteiligung der Partei an Mandatsträgereinnahmen ist. Aber in einer Demokratie ein Amt zu kaufen ist Korruption.

Alle wissen es, niemand spricht offen darüber, aber es funktioniert. Parteien werden in hohem Umfang an den Einnahmen beteiligt, die der Staat Mandatsträgern zahlt, damit diese unabhängig handeln können.

Allein der so umgesetzte Personalfilter bei der Auswahl von Kandidaten für ein öffentliches Amt ist mit echtem Wettbewerb, Bestenauslese oder Engagement für eine Sache nicht vereinbar.

Die echte Unabhängigkeit der Mandatsträger, unterstützt durch eine Amtszeitbegrenzung, muß und kann der Gesellschaft viel Geld wert sein, vor allem wenn es nach 2 Amtsperioden endet. Aber Parteien dürfen kein finanzielles Interesse an bestimmten Mandatsträgern haben, nur weil diese gut an die Partei zahlen.

Mitglieder der Legislative dürfen gleichzeitig kein Amt in der Exekutive ausüben. Die Trennung von Legislative und Exekutive ist abzusichern. Es gilt eine 2-malige Amtszeitbeschränkung für Regierungsmitglieder.

Auch für Mitglieder einer Exekutive muss eine 2-malige Amtszeitbeschränkung gelten, weil danach viel Kreativität verbraucht ist, man sich nicht in Ämter beruflich einrichten können soll und die Bodenhaftung in der Gesellschaft Unabhängigkeit für eigene Positionen schafft.

Wie wichtig bei aller Gewaltenverschränkung eine gelebte Gewaltenteilung ist, sieht man an der Diskussion um die Corona-Impfplicht. Die Regierung will keinen Gesetzesentwurf vorlegen, dass Parlament will mehrere Entwürfe vorlegen und die zuständigen Minister wissen nicht, welchen Hut sie eigentlich aufhaben – den der Exekutive oder den der Legislative? Ob man sich als Minister plötzlich als einfacher Abgeordneter am Gesetzesentwurf anderer beteiligt oder nicht, entscheidet die Imageforschung und die persönliche Politikfolgenabschätzung.

Eigentlich ist es ganz einfach. Die Legislative kontrolliert die Exekutive. Das ist ihre Aufgabe und Funktion – auch als Regierungspartei.

Aber so funktioniert es nicht. Minister sitzen in Fraktionen und erklären, warum sie bestimmte Entscheidungen für ihr Regierungshandeln benötigen. Über Fraktionsdisziplin und Geschlossenheit wird dann schnell die Kontrollfunktion der Legislative in eine „Schwarz-Weiß-Behandlung“ der Exekutive umgewandelt, was mit demokratischen Prozessen wenig zu tun hat.

Echte Gewaltenteilung, d.h. die Unvereinbarkeit von Mandat und Regierungsamt, wäre eine Bereicherung bei der Suche nach den besten Entscheidungen für eine Gesellschaft. Eine repräsentative Demokratie kann sich eigentlich keine Vermischung leisten, ohne die eigene Glaubwürdigkeit politischen Handels zu verspielen.

Mandatsträger haben sich einer staatlich finanzierten Fort- und Weiterbildung nach dem Modell z.B. von Fachanwälten jährlich zu unterwerfen, sonst verlieren sie ohne den entsprechenden Nachweis ihr Mandat.

Mandatsträger, deren Tätigkeit auf 2 Amtsperioden beschränkt ist, dürfen und sollen ausreichend für ihre Arbeit bezahlt werden. Der zeitlich beschränkte Wechsel in die Politik darf nicht zu einer durchschnittlichen Absenkung des Lebensniveaus führen, soll er für Leistungsträger attraktiv bleiben.

Dabei sind an Mandatsträger die gleichen Fortbildungsanforderungen zu stellen, wie an alle Berufsgruppen mit vergleichbarer Verantwortung. Wer die Lebensumstände von Bürgern im Umfeld von Technik, Wirtschaft, Finanzen, Bildung, Rechtsystem und internationaler Fragen bestimmen will, muß dafür qualifiziert sein. Diese Qualifikation sollte für die Kandidatenaufstellung in den Parteien eine Rolle spielen, ebenso wie bei Wahlen durch die Bürger.

Ab dann, wenn Mandatsträger im Amt angekommen sind, bleibt die Welt nicht stehen und ihre eigene Handlungs- und Beurteilungsfähigkeit muss sich weiterentwickeln wie in jedem verantwortungsvollen Beruf.

Wer sich in Deutschland Fachanwalt nennen möchte, muss seine Kompetenz nach einer erfolgten Prüfung durch jährliche Fortbildungsveranstaltungen sicherstellen und nachweisen.

Die Verantwortung von Mandatsträger ist im Zweifelsfall sehr viel nachhaltiger und umfangreicher. Auch sie sollten ihre Kompetenz durch verpflichtende Fortbildungen weiterentwickeln, um die eigene Urteilsfähigkeit zu erhalten. Inhaltlich gekoppelt an die jeweilige Ausschusstätigkeit von Mandatsträgern, kann man jährlich verpflichtende Fortbildungen anbieten. Nichtteilnahme führt zum Mandatsverlust, wie im richtigen Berufsleben.

Mandate und jede Art von öffentlichen Ämtern dürfen kein wirtschaftliches und finanzielles Ruhekissen sein, das man nur einmal aufschütteln muss, um dann ewig darauf zu schlafen. Wissen ist die Voraussetzung von Veränderung und Weiterentwicklung. Mandatsträger müssen mit der Gesellschaft, für die sie arbeiten, auf Augenhöhe kommunizieren und Entscheidungen treffen.

V.              Demokratien sind dynamische Gebilde, und die Meinungsbildung in der Gesellschaft bleibt immer ihre Voraussetzung

„Sie (Parteien) sind vornehmlich berufen, die Bürger freiwillig zu politischen Handlungseinheiten mit dem Ziel der Beteiligung an der Willensbildung in den Staatsorganen organisatorisch zusammenzuschließen und ihnen so einen wirksamen Einfluss auf das staatliche Geschehen zu ermöglichen. Den Parteien obliegt es, politische Ziele zu formulieren und diese den Bürgern zu vermitteln sowie daran mitzuwirken, daß die Gesellschaft wie auch den einzelnen Bürger betreffende Probleme erkannt, benannt und angemessenen Lösungen zugeführt werden. Die für den Prozess der politischen Willensbildung im demokratischen Staat entscheidende Rückkoppelung zwischen Staatsorganen und Volk ist auch Sache der Parteien. Sie erschöpft sich nicht in dem nur in Abständen wiederkehrenden Akt der Wahl des Parlaments. Willensbildung des Volkes und Willensbildung in den Staatsorganen vollziehen sich in vielfältiger und tagtäglicher, von den Parteien mitgeformter Wechselwirkung. Politisches Programm und Verhalten der Staatsorgane wirken auf die Willensbildung des Volkes ein und sind selbst Gegenstand seiner Meinungsbildung“, BVerfGE 85, 264 (284, 285).

Alles, was die dienende Funktion der Parteien für die repräsentative Demokratie behindert oder verhindert, bedarf der Evaluierung und anschließenden Veränderung. Was gestern noch gut war, muss es in einer Welt zwischen Sozialen Netzwerken und exponentiell wachsendem Wissen und Macht nicht sein.

Der Beitrag der Parteien zur individuellen und gesellschaftlichen Meinungsbildung ist das einzige, dass Bestand haben muss. Dafür müssen die Mitglieder wird in das Zentrum politischen Wirkens geholt werden.

VI.             Wie sollten unabhängige, der Demokratie dienende Parteien sich finanzieren?

Nicht durch mittelbare oder unmittelbare Staatsfinanzierung, sondern durch 100 % steuerlich absetzbare Mitgliedsbeiträge und freiwillige Spenden mit 5-stelliger Obergrenze.

Infolgedessen entsteht ein Anreiz, sich um neue Mitglieder zu bemühen und die politische Diskussion wieder in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.

Hauptamtliche Parteiapparate werden reduziert werden müssen, was ebenfalls zu einer Entfaltung des Engagements der Mitglieder führen wird. Den gegenteiligen Effekt – immer mehr Hauptamtliche führen zu immer weniger Ehrenamtlichen – gilt es im Sinne der demokratischen Verankerung umzukehren.

VII.           Zusammenfassung: Die Forderungen zum Erhalt der Staatsfreiheit und Unabhängigkeit von Parteien

  1. Einstellung jeglicher staatlicher Parteienfinanzierung zur Sicherung der Unabhängigkeit der Parteien und ihrer Rolle als Mittler zwischen Staat und Gesellschaft.
  2. Nur das Aussetzen staatlicher Parteienfinanzierung garantiert die Bedeutung der Parteimitglieder für Rechtsstaat und Demokratie, indem sie wieder zum Zentrum politischer Diskussionskultur werden.
  3. Parteimitglieder im Zentrum der politischen Diskussion schaffen demokratische Prozesse in den Parteien und ermöglichen eine Diskussionskultur mit der Gesellschaft ohne abgeschottet Berufspolitikerwelten.
  4. Ohne gekaufte politische Inhalte durch und mit Parteiapparaten, erhöht sich die Chancengleichheit der Parteien untereinander im Wettbewerb um Inhalte und Ideen.
  5. Für Parteispenden gilt eine 5-stellige Obergrenze und vollständige Transparenz.
  6. Parteien ist es grundsätzlich untersagt, Einnahmen aus Beteiligung an Medien zu generieren und Medienanteile zu besitzen, um die Medienfreiheit in aller möglichen Unabhängigkeit zu sichern.
  7. Für öffentliche Ämter aufgrund von Parteivorschlagsrechten in Verbindung mit Wahlen, gilt eine 2-malige Amtszeitbegrenzung.
  8. Mandatsträger sollen nicht zu einer Mandatsträgerabgabe an Parteien herangezogen werden. Die Unabhängigkeit der Mandatsträger ist abzusichern.
  9. Mitglieder der Legislative sollen nicht gleichzeitig ein Amt in der Exekutive ausüben. Die Trennung von Legislative und Exekutive ist abzusichern. Es gilt eine 2-malige Amtszeitbeschränkung für Regierungsmitglieder.
  10. Mandatsträger haben sich einer staatlich finanzierten Fort- und Weiterbildung nach dem Modell z.B. von Fachanwälten jährlich zu unterwerfen, sonst verlieren sie ohne den entsprechenden Nachweis ihr Mandat.

Kiel, im April 2022

 

Dr. Dagmar Gräfin Kerssenbrock, LL.M.

Dr. Trutz Graf Kerssenbrock

Dr. Ludwig Hennicke

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